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Poetry

Dreifarb von Olaf Euler

Wir danken Olaf Euler herzlich für diesen wundervollen Beitrag zu unserer Kundgebung im Februar.

Dreifarb

„Aus der Schwärze der Knechtschaft durch blutige Schlachten ans goldene Licht der Freiheit.“
Aus den Befreiungskriegen 1813

I Nacht
Die Schwärze der Nacht hält mich gefangen
Ich bemerke sie kaum im alltäglichen Bangen
Ums Leben, ums Auskommen, um Sicherheit
In meinem Hamsterrad, den Mühlen der Zeit

Meine Verfassung: stabil – in einem lethargischen Schlaf
Eine Fassade, die bröckelt und sachte aufbrechen darf
Der Blick dahinter zeigt mir im verdrossenen Erschlaffen
dunkle Silhouetten von mir vertrauten drei Affen

Der erste ist taub, nicht, weil er nicht hört
Sondern weil ihn der Lärm an Meinungen stört
Sie sind ihm zu viele, ihr Gehalt nicht zu deuten
Eindringlinge, die seinen Gehorsam erbeuten

Der zweite ist blind, nicht, weil er nicht sieht
Sondern weil er sich der Flut an Bildern entzieht
Sie sind ihm zu viele und er kann sie nicht deuten
Eindrücke, die sein Ersehnen erbeuten

Der dritte ist stumm, nicht, weil er nicht spricht
Sondern weil jeder Satz an tobenden Wellen zerbricht
Er verschluckt sich an ihnen und er kann sie nicht deuten
Einsprüche, die seine Redlichkeit erbeuten

So bin ich wie ein Affe in der Schwärze der Nacht
gezähmt und gefangen, um meinen Standpunkt gebracht
Doch so muss es nicht sein, so muss es nicht bleiben
Und ich begebe mich in das politische Treiben

II Blut
Der erste Schritt auf das Schlachtfeld, lässt meine Knie erzittern
Wie sollen in diesen Gefechten keine Herzen verbittern?
Es wird beschimpft und verleumdet, reframed und taktiert
Eine ehrliche Haut wird mit Wollust skalpiert

Die Wortwahl subtil, wie Messer gewetzt

„Jetzt hast Du mir durch dein Anderssein meine Gefühle verletzt!“
Ich schrecke zurück, dabei geht’s um meine Person
Habe ich noch einen Platz in deiner Gesellschafts-Vision?

Ich weiß, als erwerbstätige, weiße Cis-Hete mit preußischen Wurzeln, kirchlicher Zugehörigkeit, biologisch nachweisbarem Nachkommen und ohne Handicap und Parteibuch pass ich nach deiner Verfassung fast perfekt ins Bild
Eines Muster-Bürgers, aber was, wenn das dein Begehren nicht stillt?

Angenommen, ich könnte alle anderen hier kaum ertragen
Würden sie dennoch mein Daseinsrecht nicht hinterfragen
Auch deshalb schätz ich die Vielfalt, die Toleranz und den Mut
Durch uns alle fließt dasselbe menschliche Blut

III Licht
Vor Zeiten haben wir drei Stimmen, wie Geister geweckt,
ihr Rufen hat uns jeher stets neu aufgeschreckt
Sie locken uns beharrlich in eine andere Zeit
Ein Morgen, das leuchtet, ohne Angst, ohne Leid

Die erste heißt Freiheit und versetzt uns einen Stich:
Lebe zwanglos mit Würde die Eigenheit deines Ichs
Unsere Antwort ist oftmals nur ein aufhorchender Schritt
Der ihrem Rufen taumelnd entgegentritt

Die zweite heißt Gerechtigkeit und sie flüstert uns zu
Lebt miteinander im Einklang, beachte das Du
Unsere Antwort ist oftmals nur ein einsichtiger Schritt
Der ihrem Rufen taumelnd entgegentritt

Die dritte heißt Liebe und mahnt zur Solidarität
Da nur im Wir, hier und heute, eine Verfassung entsteht
Unsere Antwort ein nächster spruchreifer Schritt
Der ihrem Rufen taumelnd entgegentritt

Die drei Stimmen wollen wie ein Kompass uns auf einen Weg leiten
ihr Rufen kann navigieren, wir aber müssen ihn beschreiten

IV Schwarz-Rot-Gold
Nun, Geschwister, die Schwärze der Nacht bleibt im Herzen
Die Wortgefechte bereiten auch weiterhin Schmerzen
Doch ich erinner das Blut als uns verbindendes Rot
Suche das goldene Licht als Verfassungspatriot